„Für Aiterhofen ist die Lage ein Standortvorteil“

erster Bürgermeister Herr Adalbert Hösl

Der Erste hat am ersten Bautag um halb sieben angerufen, um sich über den B 20-Umleitungsverkehr zu beschweren. Bürgermeister Adalbert Hösl kann das verstehen, schließlich sorgt der Schwerverkehr, der gerade durch die Ortsmitte rollt, nicht nur für Lärm und Abgase, sondern auch für viele Gefahren. Dabei bringt die Nähe zu den beiden Bundesstraßen 20 und 8 der Gemeinde auch Vorteile. Hösl: „Wie so oft im Leben liegen Fluch und Segen sehr nah beieinander.“

Herr Hösl, derzeit wird der B 20-Verkehr wegen Bauarbeiten durch Aiterhofen geleitet. Wie hoch ist die Belastung für den Ort?

Adalbert Hösl: Die Verkehrssituation an den Hauptstraßen in Aiterhofen und insbesondere auch im Ortsteil Niederharthausen ist derzeit sehr schwierig und für alle, ganz besonders aber die unmittelbaren Anlieger, eine echte Geduldsprobe.

Hält das die Ortsdurchfahrt eigentlich aus?

Hösl: Natürlich entstehen auch Belastungen durch Beschädigung der Bankette, der Bordsteinkanten, erhöhten Straßenverschleiß, da die Straßen zum Teil nicht für den Schwerverkehr in diesem hohen Aufkommen ausgelegt sind. Ich gehe davon aus, dass die Schäden nach Abschluss der Arbeiten vom Vorhabensträger auch behoben werden. Insgesamt sind wir froh, wenn diese Maßnahme abgeschlossen ist, sind aber auch dem Vorhabensträger sowie allen Beteiligten und Verantwortlichen dankbar für diese anerkannt und zweifellos wichtige Investition in den Erhalt unserer Verkehrsinfrastruktur.

Bekommen Sie als Bürgermeister deswegen auch Reaktionen von Bürgern à la: „Man kann ja nimma über d’Straß geh“? – Wobei Sie beziehungsweise die Gemeinde nicht Bauherr sind – aber Ansprechpartner Nummer 1 für die Leute, oder?

Hösl: Natürlich bin ich, die Mitglieder des Gemeinderates und auch die Verwaltung erste Anlaufstelle für Probleme. Dafür stehen wir auch gerne zur Verfügung. Die erste Beschwerde hatte ich bereits am ersten Tag der Maßnahme um 6.30 Uhr morgens. Dies ist in dieser Situation auch absolut verständlich und nachvollziehbar – es geht schließlich nicht nur um eine nervliche, körperliche und zeitraubende Geduldsprobe, sondern auch um ein sehr hohes Gefahrenpotenzial. Einige Unfälle, die sich bisher ereignet haben, belegen dies deutlich. Die ansonsten äußerst schwierige Corona-Situation hat im Bezug auf unsere derzeitige Lage den „Vorteil“, dass nicht so viele Kinder auf dem Weg zu unseren Schulen unterwegs sind und nicht die Staatsstraße queren müssen. Eines möchte ich aber auch hervorheben: In sehr guter Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Bauamt Passau, Außenstelle Deggendorf, und auch mit der Tiefbauverwaltung des Landratsamtes konnten auf kurzem Wege kleine Verbesserungen erreicht werden. Weitere pragmatische, unbürokratische Lösungen wären wünschenswert.

Ist die gerade schwierige Verkehrssituation in Aiterhofen nur durch die B 20-Umleitung bedingt?

Hösl: Viele Probleme haben ihre Ursache auch in der Unvernunft und teilweise grob fahrlässigen Rücksichtslosigkeit der Fahrzeugführer. Bei verstärkten Geschwindigkeitskontrollen wurden zum Teil grobe Verstöße festgestellt. Beispiel: In einem Zeitfenster von etwa fünf Stunden wurden rund 130 Verstöße festgestellt, höchster gemessener Wert bei erlaubtem Tempo 50 war eine gemessene Geschwindigkeit von 102 Kilometern in der Stunde. Das ist rücksichtslos und fern jeder Toleranzgrenze!

Das Ende der Baustelle ist absehbar, dann läuft’s in der Ortsmitte wieder normal – oder wie ist die Verkehrsbelastung?

Hösl: Die B 20 ist – besonders auch in unserem Bereich – eine sehr unfallträchtige Verkehrsachse. Vor allem unsere Feuerwehren bekommen dies deutlich zu spüren. Zum Teil sind dann auch Umleitungen durch den Ort notwendig. Ein Ausbau der Lärmschutzmaßnahmen an der B 20 ist bereits jetzt ein großes Anliegen der Anwohner, für den geplanten vierspurigen Ausbau der B 20 wäre dies unabdingbar. Darauf habe ich das Staatliche Bauamt bereits vergangenes Jahr hingewiesen.

Die B 20 für Aiterhofen: Fluch oder Segen, wie sehen Sie das?

Hösl: Wie so oft im Leben liegen Fluch und Segen sehr nah beieinander. Für Aiterhofen ist die Lage an der Kreuzung B 8 – B 20 und zwischen den Autobahnen A 92 und A 3 ein großer und von vielen geschätzter Standortvorteil. Verkehrswege und eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur sind Lebensadern. Sie sichern Arbeitsplätze und Wohlstand. Aiterhofen profitiert zweifellos von den nahen Verkehrsachsen. Dies ist andererseits aber auch mit erheblichen Belastungen und Einschränkungen wie Lärm und Umweltproblemen verbunden.

Sehen Sie hier Auswege?

Hösl: Die teilweise Auslagerung von Verkehren auf Schiene und Wasserwege wäre zielführend und sehr wünschens- und erstrebenswert, ebenso wie der Umstieg auf alternative Antriebstechnologien. Dies muss auch oberstes Ziel einer verantwortungsvollen, umweltbewussten und zukunftsorientierten Verkehrs- und Infrastrukturpolitik sein. Aber: da wo es sinnvoll ist und alles mit Maß und Ziel und mit einem ordentlichen Konzept. Gerade mit dem trimodalen Ansatz des Hafens Straubing-Sand als Kern eines modernen und attraktiven Logistikstandortes könnten wir hier in der Region und weit darüber hinaus einen sehr wichtigen Beitrag zu dieser Transformation leisten.

Interview: Patrizia Burgmayer/Straubinger Tagblatt